Mitarbeiter kämpfen um ihren Standort
Mitte September wurde bekannt, dass der Traditionshersteller HABA in einer tiefen Krise steckt und Insolvenz angemeldet hat. Gemäß dem Antrag wurde vom zuständigen Amtsgericht Coburg eine vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. Einzelheiten lesen Sie HIER.
Jetzt wird deutlich, was für weite Kreise das Ganze zieht: Anscheinend sieht die HABA Gruppe keine Zukunft für die Eisleber Schulmöbelfirma Project. Die Mitteldeutsche Zeitung (MZ) titelte vor knapp einer Woche mit „Schock für 120 Mitarbeiter“. So viele Mitarbeiter fertigen an dem Standort Lutherstadt Eisleben in Sachsen-Anhalt Kindermöbel. Seit 2009 gehört die Project Schul- und Objekteinrichtungen GmbH zur HABA FAMILYGROUP mit Sitz im bayerischen Bad Rodach.
Im Zuge des Sanierungskonzeptes teilte das Unternehmen jüngst mit, dass es in Deutschland einen Personalabbau um rund 700 Beschäftigte geben soll, etwa 1.000 Stellen sollen verbleiben. Laut MZ will sich HABA beim Sortiment auf hochwertige Spielwaren sowie Möbel für Kindertagesstätten und Ganztagseinrichtungen konzentrieren. Die Zeitung zitiert das Unternehmen: „Der Produktionsstandort Eisleben hat aus eigener Kraft unter dem Dach der HABA FAMILYGROUP keine Zukunft mehr.“ Die Zeitung schreibt weiter: „…die HABA-Pressestelle (teilt mit), dass darüber jetzt mit dem Gesamtbetriebsrat verhandelt werde. ,Parallel dazu ist die HABA FAMILYGROUP durchaus daran interessiert, den Standort unter anderer Führung zu erhalten‘, hieß es.“
Zu diesem Zeitpunkt – am 6. Oktober 2023 – lief die Produktion in Eisleben noch. Die MZ schreibt: „Nach MZ-Informationen sind die Mitarbeiter von der Hiobsbotschaft völlig überrascht worden Am Mittwoch (4. Oktober) habe es eine Betriebsversammlung gegeben, bei der aber kein Verantwortlicher aus Bad Rodach persönlich dabei gewesen sei, sondern nur per Videoschalte. Zunächst sei die Situation erklärt worden. Am Ende sei dann mitgeteilt worden, dass HABA den Standort Eisleben aufgeben will.“ Die Gewerkschaft IG Metall kündigte umgehend an, für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen zu wollen. Gegenüber der MZ äußerte sich Sebastian Fritz von der IG Metall Halle-Dessau. Die Aussage der Geschäftsführung, dass der Produktionsstandort Eisleben keine Zukunft habe, sei „ein Schlag ins Gesicht der langjährigen Beschäftigten. Der Standort war über Jahre produktiv und gewinnträchtig für den Konzern. Das eklatante Missmanagement der Leitungsebene in Bad Rodach soll nun von den Beschäftigten in Mansfeld-Südharz ausgebadet werden.“ Der IG-Metaller weiter: „Dagegen werden wir uns mit allen Mitteln wehren und um jeden Arbeitsplatz am Standort kämpfen.“
Weiter geht es schon fast als Wirtschaftskrimi: Anfang der Woche wurde das Werk komplett stillgelegt. Seitens des Unternehmens heißt es, dass aus Sicherheitsgründen die Fertigung unterbrochen worden sei. Wegen Defiziten beim Brandschutz sowie baulichen Mängeln an Gebäuden und bei der Sicherheitsausstattung. 110 Mitarbeiter mussten nach Hause gehen. „Um niemanden zu gefährden, waren sich Geschäftsführung und Gesellschafter mit mir einig, dass wir die Produktion ohne Verzögerung unterbrechen müssen“, erklärt der Generalbevollmächtigte Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger. Ob das alles plausibel ist, gilt es zu ermitteln. Die IG Metall vermutet, dass auf diese Weise der Standort im Zuge der Insolvenz schneller abgewickelt werden soll.
Und jetzt kämpfen auch die Mitarbeiter. Über soziale Medien wie LinkedIn war schon Dienstag eine Kampfansage und gleichermaßen Suche nach neuem Investor verbreitet worden: „An alle Interessenten für den Schulmöbelfertigungsstandort in Lutherstadt Eisleben (Metall- und Holzwerkstoffverarbeitung): Ein motiviertes und leistungsstarkes Führungsteam mit sehr starker Mannschaft ist vor Ort vorhanden. Wir sind in der Lage Vollsortimente zu entwickeln, die Materialversorgung sicherzustellen, zu produzieren und B2B/B2G zu vertreiben. Inklusive IT Wissen, Know-how in der Fertigungssteuerung und eigenem Vorrichtungs-/Werkzeugbau. Wir haben mehrfach bewiesen, Erträge zu erwirtschaften und die von uns beinflussbaren Standortkosten absolut unter Kontrolle zu halten. Wir sind effizient, kreativ, TÜV und GS Prüfungen gewohnt. Uns fehlt wohl nur die Summe, um aus eigener Kraft ein Kaufangebot zu unterbreiten. Ein Signal könnte reichen, um bei vielen Kollegen den Willen und die Leidenschaft für einen Neustart zu generieren. Ob in den jetzigen Hallen oder ein paar Meter weiter. Wir sind Spezialisten im Schul- und Objektmöbelgeschäft. Wir sind wettbewerbsfähig im Pool der sehr wenigen Schulmöbler mit derartiger Fertigungstiefe, Kontakten und Mitarbeitererfahrung in Deutschland. Wir können Großserien und Sonderausschreibungen. Wir wollen weitermachen!“
Laut interner Stimmen besichtigten jüngst Gutachter das Werk, die umgehend dazu sorgten, dass das Werk geschlossen wird. Abgesehen von der Versandhalle. Dort läuft der Verkauf der bereits fertigen Möbel.
Es bleibt mehr als ein fader Beigeschmack. Aber vielleicht gibt es am Ende auch ein Möbelindustrie-Happy End in Eisleben?
HABA | Geht es in Eisleben doch weiter?
[…] Schlingerkurs der HABA FAMILYGROUP geht anscheinend weiter. Erst kam die Insolvenzmeldung, dann die überraschende Schließung der Produktion in Eisleben. Nach der Bekanntgabe der Stilllegung kündigten sowohl die IG-Metall, als auch der zuständige […]