Produktionskooperationen bei Gasmangellage
GASTBEITRAG
Im Juni dieses Jahres hat Minister Habeck die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die sogenannte Alarmstufe. Viele Unternehmen leiden sehr stark unter den Kostensteigerungen, vor allem auch den gestiegenen Energiekosten. Erste Insolvenzen zum Beispiel von Hakle und Görtz lassen aufhorchen und zeigen, welche Auswirkungen sich schon aktuell am Markt realisieren. Daher ist es folgerichtig, wenn auch insolvenzrechtlich, wie schon im Rahmen der Corona-Pandemie, (vermutlich) Lockerungen eingeführt werden.
Die gestiegenen Kosten lassen auf der anderen Seite aber auch den Bedarf nach einer Kooperation im Markt steigen, um zum Beispiel dann, wenn Wettbewerber A brennstoffseitig teilweise auf Kohle und Heizöl umsteigen konnte, Wettbewerber B dies aber nicht in gleichem Maße gelungen ist, zu kooperieren und unter Umständen freie Kapazitäten bei Wettbewerber A durch B zu nutzen, wenn die Gasversorgung eingeschränkt bzw. gekappt wird.
Wir sehen in der Beratung aktuell, dass es je nach Branche unterschiedliche Pläne gibt, wie man die Lasten verteilen beziehungsweise Kapazitäten besser im Markt allokieren kann, um zum Beispiel freie Produktionskapazitäten bei Wettbewerbern zu nutzen oder mit anderen Worten: Auf welche Art und Weise Wettbewerber zusammenarbeiten und wettbewerblich sensible Informationen austauschen können, um bestmöglich durch diese Situation zu kommen.
Grundsätzlich gilt: Eine Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern bzw. ein Austausch wettbewerblich sensibler Informationen, zum Beispiel über freie Kapazitäten in Fabriken oder Produktionskosten, bedürfen einer engen kartellrechtlichen Begleitung, damit es trotz guter Absichten zu keiner verbotenen Kartellabsprache kommt. Denn gerade Krisensituationen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass diese von einigen Unternehmen auch zum Anlass genommen worden sind, Vereinbarungen zu treffen, wie Kosten an die nächste Marktstufe weitergegeben werden sollen beziehungsweise Unternehmen durch den Austausch Informationen erhalten, die diesen einen unmittelbaren wettbewerblichen Vorsprung vermitteln.
Dass das Aufsetzen einer Kooperation kartellrechtlich gelingen kann, zeigt die am 6. September 2022 erfolgte Freigabe der Produktionskooperation der Zuckerhersteller Nord- und Südzucker, Pfeifer & Langen und Cosun Beet unter Einbeziehung des Vereins der Zuckerhersteller (VdZ). Das Bundeskartellamt stellte klar, dass das Kartellrecht auch in Krisenzeiten gilt, das Amt aber wohlwollend bereit ist, Kooperationen zu gestatten, v.a. dann, wenn diese der Gewährleistung der Versorgungssicherheit dienen. Eine Kooperation ist dabei so aufzusetzen, dass der Fluss der Informationen kanalisiert wird. Grundsätzlich gilt: Need-to-know. Es darf so viel ausgetauscht werden, wie es braucht, um die Kooperation durchzuführen. Die Abrechnung erfolgt bilateral und auf Grundlage der Produktionskosten vertraulich durch einen unabhängigen ökonomischen Berater. So soll vermieden werden, dass konkrete Berechnungssätze oder eingesetzte Daten an die Wettbewerber weitergegeben werden.
Wenn Sie ebenfalls überlegen, mit anderen Unternehmen kooperieren zu wollen, sprechen Sie uns gerne an.
Dr. Lars Maritzen LL.B MLE ist Partner der überörtlichen Sozietät KLEINER Rechtsanwälte PartG und berät dort im Bereich Commercial, Kartell- und Außenwirtschaftsrecht. Er veröffentlicht regelmäßig in Fachzeitschriften und verfasst Beiträge zu aktuellen Themen in seiner Kolumne in der Möbelfertigung.
Lars Maritzen erreichen Sie unter lmaritzen@kleiner-law.com.
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