Digitale Transformation im Fokus
Die vier Leitthemen der „Bau“ im kommenden Jahr in München geben den Takt vor und bringen Ordnung in die Produktvielfalt. Ein besonders spannender und wichtiger Aspekt, der im Fokus der Messe steht ist die digitale Transformation.
Schließlich befindet sich das Bauen im digitalen Umbruch. Die Corona-Pandemie beschleunigt diesen Prozess mit großer Vehemenz. So wurden dezentrales Arbeiten im Home-Office oder digitale Bauprojektbesprechungen via Videokonferenz binnen weniger Wochen Standard sowie gelebter Alltag. Jedes Unternehmen hat sich auf digitale Arbeitsprozesse, auch außerhalb der industriellen Fertigung, umgestellt.
Die dadurch notwendige Transformation von analogen Denk- und Handlungsszenarien zu qualifizierten, digitalen Entscheidungs- und Arbeitsprozessen befördert zahlreiche Optionen und Potenziale, die es zu erkennen und zu nutzen gilt. Für das Bauen als kollaborativen Prozess, an dem viele Partner beteiligt sind, bedeutet digitale Transformation vor allem eines: Offenes Denken und Handeln in vernetzten Strukturen.
Eine Fülle neuer und sinnvoller Werkzeuge unterstützen die Partner in den Architektur- und Planungsbüros, in den Ämtern und Institutionen sowie in Forschung und Technologieentwicklung schon jetzt: Digitale Planungsmethoden wie BIM oder ein Software-übergreifender Open-BIM-Prozess ergänzen die Werkzeugkästen der Planungs- und Baubeteiligten. Ein offener und uneingeschränkter Daten- und Informationsaustausch ist dabei die Grundlage für Open-BIM. Herstellerübergreifende Programmschnittstellen wie IFC und BCF erleichtern den verlustarmen Informationsaustausch sowie die Kommunikation und fördern die Zusammenarbeit im Bauprojekt.
Digitale Planungs- und Bauprozesse, die den gesamten Gebäudelebenszyklus fokussieren, bieten viele Zukunftsperspektiven. Doch ist es nicht das oft zitierte BIM, das als neue Planungsmethode veränderte Prozesse im Architektur- und Ingenieurbüro, auf der Baustelle und im Gebäudebetrieb impliziert. Die Nutzbarmachung der Fülle von Daten und Informationen, Checklisten, Fachplanungen, Protokollen und Monitorings, die in einem Projekt entstehen, erfordert neue Wege zu gehen. Denn ihr Potenzial für den gesamten Planungs- und Bauprozess sowie den anschließenden Gebäudebetrieb ist immens. Die Beteiligten müssen jedoch lernen, Planungsdaten zu qualifizieren und ebenso sinnvoll im Bauprozess und im Gebäudebetrieb einzubinden. Denn auch dort lassen sie sich nutzen: zur Fehlervermeidung in der Bauphase und zur qualitativen Verbesserung unserer gebauten Umwelt mit nachhaltigen sowie langlebigen Bauten. Auch hier wird die „Bau“ wertvolle Impulse geben.
Das digitale Planen und Bauen ist eingebettet in die Transformation des analogen Lebens- und Arbeitsumfeldes. Dementsprechnd lässt es sich nicht solitär betrachten. Vernetzung und die Digitalisierung von Standardprozessen werden das Bauen in der Zukunft erleichtern. Das ist auch dringend notwendig, wenn man den momentanen Digitalisierungsgrad am Bau betrachtet: Das Bauwesen liegt in Deutschland auf dem vorletzten Platz im Digitalisierungsindex. Lediglich das Fischereiwesen ist noch rudimentärer digitalisiert. Doch das Bauen zeigt auch erste Lösungsansätze im Transformationsprozess. So ist es bereits Standard, Planungsdaten direkt aus dem BIM-Modell in Fertigungsdaten einer CNC-Fräse zu überführen und daraus exakt und millimetergenau den Abbund eines Dachstuhls zu erstellen. Und es ist längst keine Zukunftsmusik mehr, mit einem Betondrucker ganze Häuser oder mit einem Mauerroboter Wände, Geschosse oder Tragstrukturen zu fertigen.
Dass Roboter in den nächsten Jahren und den kommenden Jahrzehnten unsere Industrieproduktion weiter verändern, wird niemand bestreiten und wird auch die „Bau“ im kommenden Jahr zeigen. Die bereitwillige Umstellung auf eine digitale Planung oder digitalisierte Fertigungsmethoden ist dabei keineswegs der Garant für eine sorgenfreie Zukunft. Im Gegenteil: In den Architektur- und Planungsbüros, auf den Baustellen und in den Bauämtern bleibt weiterhin wertvolles menschliches Knowhow gefragt. Vielmehr sind es das Zusammenspiel von digitaler Planung, qualitätsvollem Handwerk und robotischer Produktion – im Spannungsfeld zwischen Unikat und individualisiertem Massenprodukt – die das Bauen der Zukunft bestimmen werden.
Die deutschen Baustellen werden schnell auf die anstehende digitale Transformation reagieren müssen. Fachkräftemangel auf der einen und eine immer höhere Qualifizierung des Personals bei der Programmierung und Nutzung digitaler Werkzeuge im Baustelleneinsatz fordern die deutsche Bauindustrie zusätzlich. Und veränderte Arbeitsaufgaben sowie bisher unbekannte Berufsbilder treffen auf ein bisher traditionalistisches Bauhandwerk. Neue Wege zu beschreiten bedeutet also, analoge Bauabläufe in eine digitale Bauwelt zu transferieren. Aber: Digitale Werkzeuge allein schaffen weder eine bessere Architektur noch bedeuten sie im Umkehrschluss den Verlust von Architekturqualität durch die voranschreitende Automatisierung des Bauens. Es sind lediglich Tools, die dem Architekten, Planer, Fachhandwerker oder Bauherrn den Weg in die Digitalisierung erleichtern und seine Arbeit optimieren.
Die kommende „Bau“ findet vom 11 bis 16. Januar 2021 in München statt.









