8,4% mehr beantragte Regelinsolvenzen im Mai 2022
Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Mai 2022 um 8,4 Prozent gegenüber April 2022 gestiegen. Der im April beobachtete Rückgang (-20,8% gegenüber März 2022) hat sich somit nicht fortgesetzt. Die Insolvenzzahlen waren im Verlauf der Corona-Pandemie durch gesetzliche Sonderregelungen und Wirtschaftshilfen zeitweise deutlich zurückgegangen; seit Mai 2021 sind keine Sonderregeln aufgrund der Corona-Pandemie mehr in Kraft.
Im ersten Quartal 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 3.483 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren 7,4 Prozent weniger als im ersten Quartal 2021.
Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im ersten Quartal 2022 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 3,9 Milliarden Euro. Im ersten Quartal 2021 hatten sie bei rund 17,1 Milliarden Euro gelegen.
Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im ersten Quartal 2022 im Baugewerbe mit 650 Fällen (1. Quartal 2021: 608; +6,9%). Es folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 522 Verfahren (1. Quartal 2021: 556; -6,1%).
Beim zeitlichen Vergleich der Insolvenzzahlen für Unternehmen ist zu beachten, dass das Insolvenzgeschehen in den Jahren 2020 und 2021 von Sonderregelungen geprägt war. Von Anfang März 2020 bis Ende 2020 war die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie ausgesetzt. Diese Regelung galt bis Ende April 2021 weiterhin für Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit ersten November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch ausstand. Für diese Unternehmen wurde die Pflicht zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens erst zum ersten Mai 2021 wieder vollumfänglich eingesetzt.
Beruhte der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli 2021, war die Insolvenzantragspflicht bis 31. Januar 2022 ausgesetzt.
Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist im ersten Quartal 2022 um 24,9 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahrjahreszeitraum gesunken. Damit hat sich der starke Anstieg der vergangenen Monate umgekehrt. Er stand im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre. Die Neuregelung gilt für seit dem ersten Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren. Sie ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Daher ist davon auszugehen, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren. Dieser Effekt sorgte Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen, der sich nun als Basiseffekt bemerkbar macht.
Methodische Hinweise:
Die vorläufigen monatlichen Angaben zu Regelinsolvenzverfahren, hier für Mai 2022, basieren auf aktuellen Insolvenzbekanntmachungen aller Amtsgerichte in Deutschland. Sie weisen noch nicht die methodische Reife und Belastbarkeit amtlicher Statistiken auf und zählen daher zu den experimentellen Daten. Als Frühindikator gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzverfahren jedoch Hinweise auf die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen nach der amtlichen Insolvenzstatistik, deren Ergebnisse erst rund zwei Monate später verfügbar sind. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht die Entwicklung der beantragten Regelinsolvenzverfahren in Deutschland monatlich auf der Sonderseite Corona-Statistiken im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes.
Von den Insolvenzverfahren in Deutschland sind 30 Prozent Regelinsolvenzverfahren, zu denen in erster Linie alle Verfahren von Unternehmen zählen (rund 55% aller Regelinsolvenzverfahren). Außerdem findet das Regelinsolvenzverfahren Anwendung bei Personen, die wirtschaftlich tätig sind. Dazu gehören unter anderem die persönlich haftenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (oHG), Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft sowie ehemals selbstständig Tätige, deren Vermögensverhältnisse als nicht überschaubar eingestuft werden.
Die Insolvenzstatistik erfasst keine Unternehmensschließungen, die unabhängig von einer Insolvenzantragspflicht aus anderen Gründen erfolgen.
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