Fachverband Schloss- und Beschlagindustrie  | 

Analyse der konjunkturellen Lage bei Konferenz in Velbert

Am 9. November 2022 trafen sich rund 70 Vertreter der Schloss- und Beschlagindustrie sowie des Baubeschlagfachhandels zur 61. Ständigen Konferenz in Velbert, wo sie von Martin Meesenburg, Sprecher des Arbeitskreises Baubeschlag im ZHH, und dem FVSB-Vorsitzende Karl Kristian Woelm die Teilnehmer begrüßt wurden. Turnusgemäß organisierte in diesem Jahr der Fachverband Schloss- und Beschlagindustrie (FVSB) wieder die Konferenz.

Rückblickend wurde festgehalten, dass die Branche recht robust durch die Pandemie gekommen ist und dass das vergangene Jahr als Boomphase bezeichnet werden konnte. Allerdings sind die Auftragseingänge in Summe wieder rückläufig, Produktsortimente und Regionen zeichnen dabei ein uneinheitliches Bild. Viele Teilnehmer sind direkt durch den Ukrainekrieg betroffen, indirekt haben sich aber die Rahmenbedingungen für alle verschlechtert. Unternehmer hoffen insbesondere bei der Energieproblematik auf konkrete Maßnahmen seitens der Regierung. Einschränkungen der Bautätigkeit aufgrund steigender Zinsen oder Anforderungen aus der Kreislaufwirtschaft werden die Branche zukünftig noch stärker beschäftigen. Der FVSB-Vorsitzende sah keinen Grund, alles zu pessimistisch zu sehen, ergänzte aber: „Es wird schwieriger, optimistisch zu sein!“

Wirtschaftlich ist der Handel mit dem bisherigen Jahresverlauf sehr zufrieden, aber Abwärtstendenzen sind bereits sichtbar. „Es kann nicht auf allen Decks weitergefeiert werden, sondern es ist an der Zeit, den Kurs zu überprüfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, so Hobbsegeler Martin Meesenburg. Es sei zu analysieren, ob der bereits zu registrierende Mengenrückgang tatsächlich nur einen geringeren Bedarf widerspiegelt, oder ob sich zusätzlich auch Vertriebswege im Baubeschlagsbereich ändern.

Dorentina Kodralija ist seit September Geschäftsführerin des AKB im Zentralverband Hartwarenhandel (ZHH) und nahm erstmalig an der Ständigen Konferenz teil. Sie zeichnete ein positives Stimmungsbild des Baubeschlagfachhandels auf, insbesondere im Fensterbereich. Aufgrund von Preissteigerungen wird für das nächste Jahr mit weiteren Umsatzsteigerungen gerechnet, der Mengenabsatz dürfte zurückgehen. Chancen werden im Renovierungsmarkt und den noch gut gefüllten Auftragsbüchern der Kunden gesehen. Aber auch die Herausforderungen für die Zukunft wurden benannt. Kostensteigerungen in vielen Unternehmensbereichen werden einem stagnierenden oder gar rückläufigen Markt gegenüberstehen. Zentrale Aufgabe wird die Reduktion des Fachkräftemangels bleiben.

Holger Koch, stellvertretender Geschäftsführer des FVSB, wies auf die immer rascher zu revidierenden Konjunkturprognosen hin. Die gesamtwirtschaftlichen Geschäftserwartungen fallen derzeit schneller als die Lagebeurteilungen. Auch die Baubranche wird zunehmend pessimistischer. Rückläufige Baugenehmigungen, rasant steigende Häuserpreise bei explodierenden Hypothekenzinsen sorgen für ein Einbrechen bei der Vergabe neuer Immobilienkredite. Die monatliche Produktion von Baubeschlägen entfernt sich zusehends von ihren Höchstwerten im Frühjahr. Die jüngst von Heinze aktualisierten Fenster- und Außentürenstudien sehen für 2023 ein Rückgang des Marktvolumens um jeweils circa ein Prozent voraus. Die Zuwächse im Renovierungssektor können demnach den schwächelnden Neubau nicht vollständig kompensieren.

Auch wenn es durch steigende Energiepreise und dem politischen Willen zur Klimaneutralität noch stärkere Impulse zur Renovierung geben sollte, rechneten die anwesenden Händler und Hersteller mit größeren Rückgängen als prognostiziert. In einer spontanen Umfrage ging die deutliche Mehrheit der Teilnehmer von einem mengenmäßigen Rückgang zwischen fünf und zehn Prozent im Fenster- und Außentürenmarkt aus.

FVSB-Geschäftsführer Stephan Schmidt berichtete von der Veröffentlichung des Entwurfes der der neuen EU-Bauproduktenverordnung (Construction Products Regulation, CPR) und den möglichen Auswirkungen auf die CE-Kennzeichnung. Der Entwurf wurde trotz zahlreicher Anmerkungen des Juristischen Dienstes der EU im Frühjahr veröffentlicht. Nur im Falle erheblicher Einwände dürfte noch eine Überarbeitung vorgenommen werden. Es ist daher damit zu rechnen, dass nach Zustimmung von Rat und Parlament die CPR bald in Kraft tritt, aber erst 2045 in allen Punkten umgesetzt sein wird. Insbesondere der Anwendungsbereich sowie zahlreiche Begriffsbestimmungen wurden als zu unpräzise kritisiert. Zudem wurde bemängelt, dass politische Ziele wie beispielsweise Umweltauflagen in die CPR aufgenommen wurden, die weit über den Bereich der Normung hinausgehen. Hürden und Lasten für Unternehmen dürften somit weiter steigen.

Abgerundet wurde das Tagungsprogramm durch zwei Gastvorträge: Matthias Strauß, Exhibition Director „Bau“ der Messe München GmbH, berichtete über das Event und die Herausforderung Klimawandel, Digitale Transformation, Zukunft des Wohnens sowie Ressourcen und Recycling. Jörg Scheyhing, Geschäftsführer ECG Energie Consulting GmbH, referierte über das Thema „Ungewisse Energie – Unsicherheit und Preisexplosion“.

Matthias Strauß berichtete nach dem Totalausfall 2021 von einem durcheinandergewirbelten Messejahr 2022, die Rückkehr in gewohntes Fahrwasser sei aber absehbar. Für die „Bau“ 2023 bis Ende September bereits 1.467 Aussteller auf rund 112 Tausend m² Ausstellungsfläche registriert. Als Leitthemen wurden der Klimawandel, die Digitale Transformation, Ressourcen und Recycling sowie die Zukunft des Wohnens identifiziert. Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit neuem Innovation Hub soll auch die Besucher wieder anlocken. Über mögliche Besucherzahlen wolle die Messe zu diesem Zeitpunkt keine Aussagen tätigen, namhafte Stammaussteller haben die Messlatte mit 200.000 erhofften Besuchern aber wieder recht hochgelegt.

Jörg Scheyhing informierte die Teilnehmer über die Preisentwicklung und Preiszusammensetzung bei den unterschiedlichsten Energieträgern. Es wurden Beschaffungsmodelle vorgestellt, die die durch den Ukrainekrieg ausgelösten Turbulenzen etwas glätten könnten. Abschließend erläuterte Scheyhing den aktuellen Diskussionsstand bei den geplanten Maßnahmen des Bundes. Eine Einigung beim Gas- und Strompreisdeckel sei in Kürze zu erwarten. Trotzdem sollten Einsparpotenziale beim Energieverbrauch und der Selbsterzeugung nicht aus dem Blick verloren werden.

 

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