Das sagt die Branche zur Zollpolitik der USA
Ab 09.04.2025 sollten für viele Länder US-Sonderzölle in Kraft treten – auch für die EU-Staaten. Auch wenn nun mit Ausnahme von China die Strafzölle für 90 Tage ausgesetzt sind, hat die umstrittene Vorgehensweise der USA die Finanz- und Wirtschaftsmärkte nicht nur kurzfristig durchgeschüttelt, sondern dürfte auch mittelfristig Auswirkungen haben. Dies gilt natürlich auch für die Möbel und Möbelzulieferbranche.
Die möbelfertigung hat bei Vertretern der Branche nachgefragt, wie sie zu Trumps Strafzöllen stehen:
Jan Kurth, Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie:
„Für unsere Hersteller hat sich das Exportgeschäft in die Vereinigten Staaten zuletzt erfreulich entwickelt, vor allem für die Küchensparte. Die jetzt von der Trump-Regierung eingeführten 20-Prozent-Zölle für Einfuhren aus der Europäischen Union sind höchst unerfreulich, da sie nicht nur zu einer Verteuerung unserer Produkte für die amerikanischen Verbraucher führen, sondern darüber hinaus große Unsicherheit auf beiden Seiten des Atlantiks auslösen, wie die Schockwellen an den Börsen zeigen. Negative Folgen sind daher absehbar. Anlass zur Sorge geben zudem die von China erlassenen Gegenzölle und die damit verbundene Gefahr einer Eskalationsspirale zwischen China und den Vereinigten Staaten sowie einer möglichen Umlenkung von Handelsströmen. Die chinesischen – und auch die ebenfalls betroffenen vietnamesischen – Möbelhersteller werden nach alternativen Absatzmärkten für die bislang in die USA gelieferten Mengen suchen. Damit könnte der Importdruck auf dem europäischen Markt weiter steigen. Im vergangenen Jahr stammte etwa jedes zweite in Deutschland verkaufte Möbelstück aus dem Ausland. Knapp 30 Prozent der Möbeleinfuhren kamen aus China.“
Jana Schönfeld, stellvertretend für das Management der Hettich Unternehmensgruppe:
„Wir beobachten die Entwicklungen in den USA sehr genau und rechnen weiterhin mit einer dynamischen Entwicklung. Die auch durch volatile politische Entscheidungen geschürte Unsicherheit bei den Endverbrauchern beeinflusst die Konsumlaune. Diese wirkt sich auf das Geschäft unserer Kunden in der Möbelindustrie global und damit auch auf uns als Zulieferer seit fast drei Jahren aus. Daher würden wir es sehr begrüßen, wenn die Politik auch mehr Verantwortung für stabile Rahmenbedingungen für die Industrie und die damit verbundenen Arbeitsplätze wahrnimmt. Sei es im Aushandeln sinnvoller Außenhandelsabkommen als auch bei der EU-eigenen Regulatorik hinsichtlich CBAM und ETS, die uns als europäischen Beschlaghersteller mit ausgeprägtem Bekenntnis zum Produktionsstandort Europa deutlich mehr trifft als US-Zölle.“
Bertram Kawlath, Präsident VDMA:
„Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten pauschalen Strafzölle von 20 Prozent auf alle Produkte aus der EU richten auf beiden Seiten des Atlantiks Schaden an. Durch Strafzölle werden bilaterale Handelsprobleme nicht gelöst, sondern sie führen zu einer Spirale der Abschottung. Denn die EU wird wohl mit Gegenzöllen auf die US-Zölle reagieren.
Zölle zwischen der EU und den USA sollten nicht aufgebaut, sondern abgeschafft werden. Denn sie schaden Produzenten und Konsumenten in beiden Regionen.
Bei der von US-Präsident Trump geplanten Stärkung der amerikanischen Industrie müssen amerikanische Unternehmen bei bestimmten Schlüsseltechnologien auf Anbieter von Maschinen und Anlagen aus dem Ausland zurückgreifen. Hier stehen seit Jahrzehnten die deutschen und europäischen Maschinenbauunternehmen als zuverlässige Lieferanten zur Verfügung.“
Philipp Blum, Geschäftsführer Blum Gruppe:
„Obwohl das Thema Zölle schon lange schwelt, sind die Höhe und der Zeitpunkt der Umsetzung auch für uns überraschend – insbesondere, weil wir auf verschiedenen Ebenen von den neuen Zöllen betroffen sein werden. Wir verfügen in den USA über eine starke Tochtergesellschaft und produzieren seit Jahrzehnten viele Produkte lokal vor Ort, dennoch versenden wir sowohl Rohmaterialien, Halbfertigprodukte als auch fertige Produkte von der EU in die Vereinigten Staaten. Aktuell versuchen wir, die konkreten Auswirkungen einzuschätzen. Fest steht jedoch: Durch diese Entscheidungen werden die Preise für Beschläge in den USA steigen.
Langfristig betrachtet nützen Handelskriege niemandem. Import- oder Strafzölle haben noch nie zur Steigerung des Wohlstands beigetragen und die Endverbraucherinnen und Endverbraucher sind letztlich die Leidtragenden, da sie höhere Preise bei einer gleichzeitig geringeren Kaufkraft bezahlen müssen. Auch wenn unser Unternehmen stark in Österreich verwurzelt ist, sind wir in der Welt zu Hause. Eine global vernetzte und offene Welt ohne Grenzen hat unsere Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten weit gebracht – diese Errungenschaften sollten nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.“
Robert Vancko, Senior Vice President , Head of Business Unit Surfaces, SURTECO:
“Als weltweit tätiger Hersteller von Oberflächenmaterialien – darunter dekorative und imprägnierte Papiere, Kanten, thermoplastische Folien und Release-Papiere – ist Surteco von der aktuellen US-Zollpolitik sowohl direkt als auch indirekt betroffen.
Neben unseren zahlreichen Produktionsstandorten in Europa betreiben wir auch Werke in Nordamerika und Kanada. Trotz dieser regionalen Präsenz wirken sich bestehende Zölle bereits negativ auf unser Geschäft aus, beispielsweise bei der Einfuhr von Papier oder chemischen Vorprodukten. Zwar sind – soweit heute bekannt – bestimmte Produkte wie Kanten aktuell noch von Zöllen ausgenommen, insbesondere bei nordamerikanischer Produktion, doch beobachten wir die Situation genau, da sich die Rahmenbedingungen kurzfristig ändern können. Die Lage bleibt volatil und schwer vorhersehbar.
Einige unserer internationalen Produktionsstandorte beliefern bereits in erheblichem Umfang den US-Markt – und sind zum Teil schon jetzt von bestehenden Zöllen betroffen. Eine weitere Ausweitung der Zollmaßnahmen würde unsere Exportfähigkeit zusätzlich erschweren – insbesondere bei Produktgruppen wie der Kante, die weltweit zu unseren absatzstärksten zählen.
Die Einführung von Zöllen beeinträchtigt zudem das Vertrauen der Verbraucher und führt häufig zu einer allgemeinen Konsumzurückhaltung. Dies hat spürbare negative Effekte auf das Wirtschaftswachstum – auch in Europa. Als Zulieferer der Möbel-, Bodenbelags- und Bauindustrie sind wir auf ein stabiles wirtschaftliches Umfeld angewiesen. Eine schwächere Konjunktur schlägt sich direkt in einer sinkenden Nachfrage in mehreren unserer Hauptmärkte nieder.
Um dem entgegenzuwirken, setzen wir konsequent auf Innovation und Differenzierung: Wir entwickeln fortlaufend neue, attraktive Designs und legen dabei einen besonderen Fokus auf nachhaltige Oberflächenlösungen – etwa durch den verstärkten Einsatz recycelter Materialien. Zusätzlich arbeiten wir kontinuierlich an der Optimierung unserer Kostenstruktur, um auch als Hersteller mit Sitz in Westeuropa langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Insgesamt sehen wir die Auswirkungen der US-Zollpolitik als ernst zu nehmend, doch durch gezielte strategische Maßnahmen können wir die negativen Effekte zumindest teilweise abfedern.”