Umsätze der Möbelindustrie sanken 2020 um vier Prozent
„Die Verlängerung des Lockdowns ist sehr bitter für unsere
Branche“, räumt Jan Kurth im Rahmen der Pressekonferenz zur wirtschaftlichen
Situation am 20. Januar, ein. „Denn der Januar ist sonst der stärkste Monat.
Und dass außerdem die ,Imm Cologne‘ ausfallen muss, schmerzt zusätzlich. Denn
die Impulse, die diese Leitmesse gibt, sind immer extrem groß.“ Und auch andere
Aspekte drücken die Branche. Denn im Normalfall finden in Deutschland täglich 20.000
Umzüge pro Tag statt, was ebenfalls für Umsätze sorgt. Diese Zahlen sind
aktuell natürlich deutlich niedriger.
Kritisch sieht Kurth einen Aspekt der Lockdown-Maßnahmen: „Eine Rechtverordnung
zum Thema Home-Office halte ich für unnötig, denn die Unternehmen haben schon
viele Maßnahmen getroffen. Auf mich wirkt es wie Symbolpolitik, um zu zeigen,
dass nicht nur Privatpersonen sondern auch die Wirtschaft durch Maßnahmen
eingeschränkt werden. Grundsätzlich glaube ich auch nicht, dass die
Infektionslage aus den Büros kommt.“
Grundsätzlich fordert der VDM einen mittelfristig möglichen Weg für ein Wirtschaften im „abgesicherten Modus“. Gerade der deutsche Möbelhandel mit seinen großflächigen Verkaufsräumen und den seit Monaten erprobten Hygienekonzepten liefert dafür gute Voraussetzungen. „Ergänzend fordern wir bereits kurzfristig eine flächendeckende Möglichkeit zur Onlinebuchung von Beratungs- und Verkaufsterminen mit maximal zwei Personen, um die Frequenzen zu steuern und Begegnungen von Kunden zu reduzieren. Neben dem weiteren Ausbau der Onlineberatung müssen die aktuellen Click & Collect-Lösungen bestehen bleiben.“
Jan Kurth skizzierte in der Konferenz auch das Möbeljahr 2020. So erlebte die deutsche Möbelindustrie einen sehr wechselvollen Geschäftsverlauf erlebt. Zunächst brachte der Lock-down im Frühjahr drastische Einbußen. Nach der Wiedereröffnung des Möbelhandels zog die Nachfrage dann sehr schnell und stark wieder an.
2020 in Zahlen
Nach internen Erhebungen der Fachverbände stiegen die
Auftragseingänge in der deutschen Wohnmöbelindustrie von Januar bis Dezember
2020 signifikant um 14,1 Prozent und in der Küchenmöbelindustrie um 11,8
Prozent. Auch in der Polstermöbelindustrie wurde ein deutlicher Anstieg um 5,5
Prozent registriert. „Für das Gesamtjahr 2020 rechnen wir für die deutsche
Möbelindustrie mit einem Umsatzminus von rund 4 Prozent“, so Kurth. „Damit
liegt die Entwicklung im Rahmen unserer Prognose aus dem August, als wir ein Umsatzminus
von bis zu 5 Prozent vorhergesagt haben. Der Umsatz wird voraussichtlich rund
17,2 Milliarden Euro erreichen.“ In der Summe der ersten elf Monate 2020
betrugen die Umsätze der Branche nach Angaben der amtlichen Statistik rund 15,8
Milliarden Euro – ein Minus von 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Umsatzzahlen nach Segmenten
Die Küchenmöbelhersteller verzeichneten einen kräftigen
Umsatzanstieg um 3,7 Prozent auf rund 4,9 Milliarden Euro und entwickelten sich
damit wesentlich besser als andere Segmente. Eine weitgehend stabile
Umsatzentwicklung registrierten die Hersteller von Polstermöbeln, deren Umsätze
von Januar bis November 2020 minimal um 0,4 Prozent auf rund 830 Millionen Euro
zurückgingen. Dagegen fiel die Umsatzent-wicklung beim größten Segment
der Möbelindustrie – den sonstigen Möbeln und Möbelteilen – mit minus 8,1
Prozent auf 5,9 Milliarden Euro negativer aus als im Branchendurchschnitt. Die
Büromöbelindustrie wies mit einem Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro ebenfalls
ein deutlich negatives Ergebnis aus (minus 11,7 Prozent). Die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen um 8,5
Prozent unter dem Vorjahreswert und er-zielten einen Umsatz von rund 1,7 Milliarden
Euro. Das kleinste Segment der Branche – die Matratzenindustrie.
In den aktuell 468 Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten (minus 1,8 Prozent) arbeiten 82.601 Frauen und Männer. Das sind 2,2 Prozent weniger als im Vorjahr.
Export
Die negativen Auswirkungen der Corona-Krise waren insbesondere im
Auslandsgeschäft deutlich zu spüren. Der Auslandsumsatz der deutschen
Möbelindustrie sank von Januar bis November 2020 um 8,4 Prozent. Die Industrieexportquote lag in den ersten elf Monaten 2020 bei
31,4 Prozent und damit deutlich unter dem Niveau des Vorjahres (32,7
Prozent). Die deutschen Möbelexporte sanken in den ersten zehn Monaten 2020
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro. Erfreulich
hingegen ist die Steigerung der Ausfuhren in die Schweiz als
zweitwichtigsten Exportmarkt der deutschen Möbelindustrie mit einem Plus von
4,9 Prozent.
Frankreich belegt aktuell Platz eins im Ranking der wichtigsten Exportmärkte mit einem Minus von 6,3 Pr-zent. Auf den Rängen drei und vier folgen Österreich mit minus 5,7 Prozent und die Niederlande mit minus 0,6 Prozent. Besonders stark gab der Absatz deutscher Möbel in Großbritannien mit einem Minus von 12,3 Prozent nach. Die negative Tendenz infolge des Brexits wurde durch die Auswirkungen der Pandemie auf die britische Wirtschaft noch verschärft. Die außereuropäischen Exportmärkte entwickelten sich uneinheitlich. China hat die Folgen der Corona-Krise sehr schnell überwunden – die deutschen Möbelexporte nach China kletterten von Januar bis Oktober 2020 um 2,9 Prozent. Dagegen fielen die Rückgänge in den USA mit minus 15,7 Prozent und in Russland mit minus 14,2 Prozent sehr hoch aus.
Prognose
In Sachen
Prognose tut sich Jan Kurth schwer: „Ein konkreter Ausblick auf die Geschäftsentwicklung
in den kommenden Monaten fällt aufgrund der Unwägbarkeiten der Pandemie schwer.
Vieles wird vom Zeitpunkt der Wiederöffnung des Möbelhandels abhängen. Was den
Stellenwert unserer Branche in der Verbraucher-sicht angeht, sind wir
optimistisch gestimmt. Weiter an Fahrt nimmt auch das Thema Digitalisierung
auf, wie nicht nur der Schub für den Online-Möbelhandel zeigt, dessen Anteil
wir für 2020 auf 18 Prozent schätzen.“