Ein harter Wirtschaftslockdown wäre der falsche Weg
Schon jetzt steht fest: Der Lockdown muss verlängert werden. Und vermutlich wird er auch verschärft. So sind nach ersten Informationen unter anderem eine bundesweit einheitliche, nächtliche Ausgangssperre und eine strengere Maskenpflicht im Gespräch. Darüber hinaus könnte es auch zu einem härteren Wirtschaftslockdown kommen, der, wie „Der Spiegel“ berichtete, von führenden Wirtschaftsforschern sehr kritisch gesehen wird.
Und auch in der Möbelbranche wird ein harter Wirtschaftlockdown skeptisch gesehen, wie eine Blitzumfrage der „möbelfertigung“ zeigt. „Natürlich darf man mit der Pandemie auf keinen Fall leichtfertig umgehen“, so Andreas Wagner, Geschäftsführer von Rotpunkt Küchen. „Aber auf der anderen Seite ermöglicht nur unsere Wirtschaftsleistung die zahlreichen, notwendigen Hilfen. Aus meiner Sicht wäre es ein falsches Signal, die stärkste Wirtschaftskraft Europas mit einem Lockdown in die Knie zu zwingen.“
Ähnlich äußert sich ein anderer Küchenhersteller, auch dort wird ein Wirtschaftslockdown kritisch gesehen: „Die Zahlungen an die besonders hart getroffenen Branchen, wie zum Beispiel die Gastronomie oder die Veranstaltungsbranche, müssen erwirtschaftet werden. Möbelindustrie und -handel profitieren in diesen schwierigen Zeiten von einem erfreulichen Verbraucherverhalten. Diese Umsätze sind gerade jetzt wichtig. Gleichzeitig achten wir natürlich auf die Sicherheit und den Schutz unserer Mitarbeiter und Kunden. So haben wir zum Beispiel in kürzester Zeit mehrere hundert Home-Office-Plätze eingerichtet. Denn in letzter Konsequenz steht die Gesundheit über allem.“
Wie schwierig das Treffen von Entscheidungen angesichts der aktuellen Lage ist, betont auch Dieter Rezbach, geschäftsführender Gesellschafter von Lignum Consulting: „Die Wirtschaft komplett einzufrieren, halte ich für sehr riskant. Andererseits muss die Corona-Pandemie extrem ernst genommen werden. Das fängt bei jedem Einzelnen an, der seine Kontakte so weit wie möglich einschränken und sich an alle Vorgaben halten muss. Und auch Unternehmen tragen hier eine hohe Verantwortung. Sie müssen ihre Mitarbeiter schützen und zum Beispiel, soweit möglich, Home-Office anbieten. Hier ist schon einiges getan worden, aber ich bin überzeugt, dass wir als Branche noch mehr leisten können. Aber nochmal: Einen kompletten Wirtschaftslockdown halte ich nicht für den richtigen Weg.“
Frank Epple, Geschäftsführer von Holz-Her, formuliert diese Aussage deutlicher: „Ein angeordneter Lockdown für die Wirtschaft wäre eine echte Katastrophe. Im Prinzip eine unmögliche Forderung. Und aus meiner Sicht auch eine unnötige. Wenn ein Unternehmen zum Hotspot mutiert, wird es sowieso umgehend vom Gesundheitsamt geschlossen – und zwar mit allen Konsequenzen. Ein verantwortungsvolles Management und auch kein Firmeninhaber riskiert so etwas wissentlich. Sondern setzt auch jetzt schon alles daran, dass alle Hygienevorschriften eingehalten werden, die Belegschaft entzerrt ist, Masken vorschriftsmäßig zum Einsatz kommen und ähnliches.
Wir bei Holz-Her verfügen glücklicherweise über ein sehr modernes Gebäude und damit eine sehr gute Lüftung, die einiges erleichtert. Aber ich kenne es an anderen Stellen, wo beispielsweise Lüftungskonzepte nicht sehr genau genommen werden. Schließlich will niemand Corona ,im Haus‘ haben. Eine vorgegebene Schließung oder auch nur ein verpflichtendes Home-Office ist nicht hinzunehmen und tragbar. Denn es gibt bei manchen Angestellten schlicht und ergreifend keine Möglichkeit, im Home-Office adäquat zu arbeiten. Weil die örtlichen Gegebenheiten nicht passen oder die Internet-Leistung nicht ausreicht. Diese Kollegen wollen schlicht und ergreifend auch nicht zuhause arbeiten, sondern kommen lieber unter strengen Voraussetzungen ins Büro. Ich plädiere darum weiterhin für die Eigenverantwortung einer jeden Führungsetage. Ein Wirtschaftslockdown wird sonst nahezu überall ein Hineindrängen in die Kurzarbeit sein, fürchte ich.“
Und auch Volker Irle, Geschäftsführer der AMK, hat eine klare Meinung: „Ein undifferenzierter Wirtschaftslockdown ist aus meiner
Sicht der falsche Weg. Grundsätzlich ist es natürlich richtig, beispielsweise
eine deutliche Empfehlung in Richtung Home-Office zu geben, aber sehr viele
Unternehmen nutzen diese Möglichkeit auch schon längst verstärkt. Vor
Herausforderungen stehen beispielsweise produzierende Unternehmen bei denen
Home-Office schlicht nicht möglich ist. Hier wurden bereits im ersten Lockdown
neue Wege beschritten mit zusätzlichen Hygienemaßnahmen, Schutzkleidung und
ähnlichem.
Ein weiteres sehr akutes Thema sind die bereits
heute vom Lockdown betroffenen Küchenstudios. Die im Vergleich zum letzten
Frühjahr jetzt schon länger anhaltenden Einschränkungen und die Ungewissheit,
wie lange dieser Zustand noch anhalten wird, verlangt gerade auch von Seiten
der Politik, die bisher eher pauschalen Regelungen zu überprüfen und an die
spezifischen Situationen, zum Beispiel in den Küchenfachgeschäften, anzupassen.
So sollte es möglich sein, unter Beachtung von Abständen, FFP2-Masken,
Trennwänden und entsprechender Belüftung einzelne Kunden im Fachgeschäft zu
beraten. Eines ist doch klar: Sollte der Handel bezogen auf neue Aufträge ,leerlaufen‘, wird sich das in der gesamten Industrie widerspiegeln. Mit
anderen Worten: Komplette Industriezweige würden auf lange Sicht, ohne Prognose, lahmgelegt werden. Eine differenzierte Betrachtung wäre daher wichtig.“
Maximilian Lehner, Geschäftsführungsmitglied der Ima
Schelling Group GmbH, sieht es folgendermaßen: „Die jetzige Situation verlangt
von den Entscheidern in Bund und Länder sicher einiges ab, ob in Deutschland
oder Österreich. Das ist keine beneidenswerte Position. Allerdings dürfen
letztlich nicht die bestraft werden, die bereits sehr viel gegen die
Verbreitung des Virus getan haben. In allen mir bekannten Unternehmen gibt es verschiedenste
Hygienemaßnahmen, welche auch strikt eingehalten werden. Mir sind in unserer
Firma seit April keine Fälle mehr bekannt, bei denen sich Mitarbeiter in der
Firma angesteckt haben.
Eine weitere Einschränkung der Wirtschaft würde in der
Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland und auch Europa erheblichen Schaden
anrichten. Die Folge wäre nicht nur ein Rufschaden, sondern auch ein
Starkmachen der Konkurrenz aus dem Ausland. In meinen Augen müssen Unternehmen weiterarbeiten. Und, als
zusätzlicher Punkt, Kinder in die Schule gehen dürfen. Alles andere hat
verheerende Folgen.“