Ausgesetzte Antragspflicht führt zu weniger gemeldeten Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr
Im ersten Halbjahr 2020 meldeten die deutschen Amtsgerichte 9.006 Unternehmensinsolvenzen. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 6,2 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2019. Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die Corona-Krise spiegelt sich somit bislang nicht in einem Anstieg der gemeldeten Unternehmensinsolvenzen wider. Ein Grund dafür ist, dass die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen seit dem ersten März 2020 ausgesetzt ist.
Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im ersten Halbjahr 2020 im Wirtschaftsbereich Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 1.485 Fällen (1. Halbjahr 2019: 1.653). Unternehmen des Baugewerbes stellten 1.462 Insolvenzanträge (1. Halbjahr 2019: 1.586). Im Gastgewerbe wurden 1.004 (1. Halbjahr 2019: 1.143) und im Bereich der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen wurden 974 (1. Halbjahr 2019: 1.032) Insolvenzanträge gemeldet.
Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus beantragten Unternehmensinsolvenzen stiegen nach Angaben der Amtsgerichte im 1. Halbjahr 2020 deutlich auf 16,7 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2019 hatten sie noch bei 10,2 Milliarden Euro gelegen. Dieser Anstieg der Forderungen bei gleichzeitigem Rückgang der Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist darauf zurückzuführen, dass im ersten Halbjahr 2020 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten als im selben Zeitraum 2019.
Neben den Unternehmensinsolvenzen meldeten 38.680 übrige Schuldner im ersten Halbjahr 2020 Insolvenz an. Das waren 11,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Darunter waren 27.992 Insolvenzanträge von Verbraucherinnen und Verbrauchern (-14,5 % gegenüber dem 1. Halbjahr 2019) sowie 8.729 Insolvenzanträge von ehemals selbstständig Tätigen.
Der große Rückgang an Insolvenzanträgen von Verbraucherinnen und Verbrauchern erklärt sich zum einen durch den eingeschränkten Betrieb der zuständigen Insolvenzgerichte während der Corona-Pandemie und einer damit verlängerten Bearbeitungszeit. Zum anderen haben Verbraucherinnen und Verbraucher vermutlich den Zeitpunkt ihres Insolvenzantrages aufgrund der Corona-Pandemie zeitlich nach hinten verschoben.
Auch für den August 2020 zeigen die vorläufigen Angaben zu
den eröffneten Regelinsolvenzen wie bereits in den vorangegangenen Monaten eine
deutliche Abnahme an Verfahren. Im Vergleich zum August 2019 sank die Zahl der
eröffneten Regelinsolvenzverfahren um 38,9 Prozent. Diese vorläufigen Angaben
veröffentlicht das Statistische Bundesamt seit dem Berichtsmonat März 2020, um
die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie frühzeitig abzubilden.