Montag, 06.07.2020, 12:34 Uhr
VDM / AMK
Verbände rechnen für 2020 mit maximalem Umsatzrückgang von zehn Prozent – „Einbußen sind beherrschbar“
In einer
gemeinsamen Video-Pressekonferenz von VDM und AMK haben die beiden
Interessenverbände der Einrichtungsbranche heute Morgen eine Standortbestimmung
der deutschen Möbel- und Küchenindustrie nach 100 Tagen Corona-Lage
vorgenommen. Dabei ist das Fazit insgesamt eher positiv ausgefallen: Denn die
deutsche Möbelindustrie ist im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen bislang
robust durch die Corona-Krise gekommen. „Die Branche rechnet für das Gesamtjahr
2020 mit einem Umsatzrückgang von maximal 10 Prozent. Damit werden die Einbußen
aller Voraussicht nach beherrschbar sein und für die Unternehmen geringer
ausfallen als zu Beginn der Krise befürchtet“, berichtet Jan Kurth (im Foto rechts),
Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM). Diese
Einschätzung wird durch eine aktuelle Studie gestützt, die der VDM gemeinsam
mit der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK) in Auftrag gegeben
hat. Demnach ist die Nachfrage seit der Wiederöffnung des Möbelhandels in
erfreulichem Maße wieder angesprungen. „Viele Menschen haben während des
Lockdowns ihr Zuhause renoviert und in der Folge den Wunsch nach einer neuen
Möblierung entwickelt“, sagt Kurth. „Sie kommen gut informiert in den Laden und
kaufen gezielt und entschlossen.“
Auf die
Corona-Krise hat die deutsche Möbel- und Küchenindustrie schnell und flexibel
reagiert, wie die Studie ergeben hat, die von der Cologne Strategy Group und
Conneum Concepts durchgeführt wurde und auf Interviews mit Branchenexperten,
einer Verbraucherbefragung sowie der Auswertung von Konjunkturdaten und
VDM/AMK-Datenmaterial beruht. So konnten Störungen in den Lieferketten häufig
durch eine höhere eigene Wertschöpfung oder mit Hilfe neuer Lieferanten behoben
werden. Für die Mitarbeiter wurden Homeoffice-Lösungen gefunden oder versetzte
Schichtpläne aufgestellt, die Produktionsabläufe wurden entsprechend angepasst.
Viele Hersteller führten zudem Kurzarbeit ein.
Im Möbelhandel
gelang es unterdessen einer Reihe von Anbietern, auch während der erzwungenen
Schließung ihrer Geschäfte den Kontakt zu den Kunden zu halten und angebahnte
Verkäufe zu realisieren. So führten etwa Küchenhändler die vorher begonnenen
Planungen fort, beispielsweise per Videokonferenzen mit den zu Hause weilenden
Verbrauchern. In dieser Zeit konnten auch Aufmaße bei den Kunden genommen und
Küchen installiert werden – denn handwerkliche Tätigkeiten waren weiterhin
erlaubt. „Die meisten Küchenhersteller hatten daher zu Beginn des Lockdowns
noch einen relativ guten Auftragseingang“, berichtet AMK-Geschäftsführer Volker
Irle. Die negativen Folgen der Geschäftsschließungen machten sich erst später
bemerkbar. Eine Besonderheit der Küchenbranche ist die höhere Abhängigkeit von
internationalen Lieferketten, insbesondere bei den Elektrogeräten. Waren
bestellte Geräte in der Corona-Krise nicht lieferbar, wurden zum gleichen Preis
höherwertige Produkte eingebaut.
„Die Branche hat
den Lockdown genutzt, um sich für die Zeit nach der Krise und die Erholung der
Konjunktur in eine starke Ausgangslage zu bringen“, stellt Irle fest. Zu den
errungenen Wettbewerbsvorteilen zählt er flexiblere Arbeitsabläufe,
überarbeitete Produktionsanlagen sowie Produktinnovationen, zum Beispiel
Hygienestationen oder spezielle Oberflächen für besondere hygienische
Anforderungen. Positiv werden sich seiner Ansicht nach zudem die breitere
Aufstellung der Lieferkette und die verstärkte Zusammenarbeit mit regionalen
Lieferanten auswirken und zwar in Form kurzer Lieferzeiten und einer hohen
Liefersicherheit.
Chancen erhofft
sich die Branche auch von dem im Zuge der Pandemie veränderten Konsumverhalten.
„Durch die viele Zeit zu Hause haben die Verbraucher die Bedeutung einer guten
Einrichtung erkannt“, sagt Kurth. „Die Kaufabsichten für Möbel und Küche
befinden sich trotz der Krise derzeit auf einem sehr hohen Niveau.“ Private
Haushalte schichten ihre Budgets teils zu Gunsten von Möbeln um, wenngleich in
Teilen der Bevölkerung auch Verunsicherung wegen der Angst vor einem
Arbeitsplatzverlust herrscht.
Im Möbelhandel hat
die Corona-Krise die Verschiebung hin zu Onlinekäufen beschleunigt. Ein Drittel
der neuen Onlinekunden will diesen Kanal auch künftig nutzen, wie die Studie
ermittelt hat. Bei Küchen war die Verschiebung hin zu reinen
Online-Bestellungen aufgrund der hohen Beratungsintensität geringer. Insgesamt
ist damit zu rechnen, dass sich hybride Handelsformate vermehrt etablieren
werden.