Entwickelte sechs Thesen für das Büro mit und nach Corona
Das Home-Office
setzt sich durch:
Viele Menschen arbeiten inzwischen zu Hause. Dieses unfreiwillige Experiment
hat gezeigt, dass die erforderlichen Technologien existieren und funktionieren
– und dass produktive Teamarbeit auch so möglich ist. Unternehmen, die ihre
Angestellten zu Hause arbeiten lassen, erhalten dadurch nicht nur Zugang zu
einem globalen Pool qualifizierter Arbeitskräfte, sie verringern auch ihren
ökologischen Fußabdruck. Außerdem führt regelmäßiges Arbeiten im Home-Office zu
einer geringeren Besetzungsdichte im Büro und ermöglicht das Einhalten des
erforderlichen räumlichen Abstands zwischen den Anwesenden.
Besprechungen
finden seltener statt – und anders:
Für die Post-Corona-Zeit stellt sich die Frage, ob und wie wir einander in
Zukunft begegnen. Viele Besprechungen und Angebote werden auf digitale
Plattformen verlegt. Die Häufigkeit realer Begegnungen dürfte abnehmen: Wir
treffen uns nur noch, wenn es unvermeidbar ist – dann mit größerem Abstand in
Besprechungsräumen oder im Stehen.
Neue Richtwerte
bestimmen die gemeinsame Nutzung von Räumen:
In voll belegten Arbeitsräumen, dicht nebeneinander an langen Tischen oder
jeden Tag an einem anderen Schreibtisch – so werden wir wohl vorerst nicht mehr
arbeiten, wenn wir nach der Krise wieder ins Büro gehen. Dies muss jedoch nicht
die Rückkehr der Zelle oder Wabe bedeuten. Unternehmen müssen dafür sorgen,
dass ihre Mitarbeiter Abstand halten und die gemeinsame Nutzung von
Gegenständen und Orten reduzieren.
Der Firmenstandort
gewinnt an Bedeutung:
Die persönliche Anwesenheit wird für Unternehmen, Teams und Aufgaben
unvermeidbar bleiben, die auf körperlichen Einsatz, direkte Zusammenarbeit oder
das Bedienen von Maschinen angewiesen sind. Aktuelle Umfragen und Studien
zeigen, dass Angestellte den Arbeitsplatz in der Firma keineswegs als
notwendiges Übel betrachten, sondern gerne im Büro arbeiten. Diese Bewertung
hat sich im Laufe der Covid-19-Pandemie bestätigt: Nach mehreren Wochen Home-Office
vermissten die meisten Arbeitnehmenden die gewohnte Arbeitsumgebung, das
kollegiale Miteinander und die vertrauten Abläufe. Aus diesem Blickwinkel
erscheint das klassische Büro als Ort des Zusammenkommens in einer zunehmend
digitalisierten Welt. „Ein gutes, physische Büro gewinnt in der Krisenzeit an
Bedeutung: Es wird zum Ort des Zusammenkommens und Miteinanders – zu einem Ort,
an dem sich die kulturellen Werte des Unternehmens spiegeln“, so Nora Fehlbaum,
CEO Vitra.
Eine neue Ästhetik
entsteht – oder nicht:
Was haben wir durch Covid-19 gelernt? Wir können eigentlich fast überall
arbeiten. Wenn wir in Zukunft ins Büro gehen, dann haben wir eine bewusste
Entscheidung getroffen. Wir möchten unsere Kollegen sehen, spezielle Aufgaben
erledigen oder uns auf die Unternehmensziele und -werte einstimmen. Ein
übergreifendes Thema wird das Bedürfnis nach Menschlichkeit sein. Im Büro darf
es ruhig formeller aussehen als zu Hause, aber eben auf eine Weise, die den
Grundbedürfnissen der Menschen nach der Krise entspricht. Im Büro muss man sich
wohlfühlen können, beschützt und sicher – nicht zuletzt, weil hohe
Hygienestandards gelten. Möglicherweise kommen neuartige Formen, Farben und
Materialien auf, die dieses Bedürfnis erfüllen. Die
Post-Corona-Innovationswelle vollzieht sich bisher vornehmlich digital und
bleibt daher unsichtbar – wie das Virus selbst. Vertrautes und Bewährtes
gewinnt daher an Bedeutung – zeitlose Produkte, die schon unseren Eltern und
Großeltern gute Dienste geleistet haben.
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