Mittwoch, 10.05.2017, 11:19 Uhr
„Interzum“
Sonderschau macht Leichtbau (be-)greifbar
Das Thema Leichtbau bekommt auf
der „Interzum“ eine repräsentative Plattform. Unter einem riesigen, schwebend
konstruierten Pilz zeigt die Interessengemeinschaft Leichtbau igeL auf dem
Messeboulevard Nord den aktuellen Stand der Entwicklungen. Zulieferprodukte
wie Leichtbaumaterialien, Verbindungstechnik, Werkzeuge und Technologien
stehen genauso im Fokus wie ein Studienprojekt, das zeigt, wie sich
Leichtbaukonstruktion in der industriellen Küchenfertigung umsetzen lässt. Auch
Designer kommen als Vordenker, wenn es um zukunftsweisende Leichtbauideen
geht, zu Wort.
Die Leichtbau-Sonderflächen zur internationalen
Zuliefermesse der Möbelindustrie und des Innenausbaus zeigen dreierlei.
Erstens: Den Industrie- und Handwerksunternehmen der Holz- und Möbelbranche
stehen als Spezialisten für den wichtigsten aller nachwachsenden Werkstoffe,
das Holz, zukünftig unzählige Chancen zur Erschließung neuer Märkte offen.
Zweitens: Leichtbau ist mehr als Gewichtsreduzierung. Leichtbau bietet Mehrwert
für Kunden und Unternehmen, setzt Maßstäbe in der Gestaltungsfreiheit, der
Verarbeitbarkeit und der Qualität. Drittens: Leichtbau bedient die Trendthemen,
mit denen sich schon heute Zukunft gestalten lässt: der energieeffiziente und
ressourcenschonende Einsatz von Rohstoffen, die Herstellung intelligenter,
leicht handhabbarer wie wandelbarer Produkte, die sich enttäuschungsfrei
nutzen und nach individuellen Ansprüchen und ohne große Kraftanstrengung zusammenstellen
lassen.
Auf dem 42 Quadratmeter großen Stand B 025 kommen die
Mitgliedsunternehmen der Interessengemeinschaft Leichtbau igeL zu Wort. Unter
einem markanten Pilz, der über der Fläche zu schweben scheint, präsentieren sie
aktuelle Materialien und Verbindungstechnik zum Thema. Den Pilz selbst realisierte
„lightweight solutions“, Bad Aibling, mit „Lisocore“, einem „Hochleistungswerkstoff“,
der aus minimalem Ressourceneinsatz maximale Wertschöpfung generiert und den
weit verbreiteten Vorurteilen gegenüber Leichtbauprodukten schlagkräftige
Argumente entgegensetzt. Mit ihrer hohen Biegefestigkeit, die über der einer
Spanplatte liegt und an der neben dem Material auch die Form mitwirkt,
überwindet „Lisocore“ den scheinbaren Widerspruch zwischen Leichtigkeit und
Stabilität.
Der 36 Quadratmeter große Nachbarstand B 030 widmet
sich dem gemeinsam mit Beeck Küchen, Bad Oeynhausen, und der Hochschule
Ostwestfalen-Lippe (OWL), Lemgo, realisierten „Leuchtturm“-Projekt „Concept
Cabinet 2016“. Darin demonstriert Holztechnikstudent Tristan Beeck, mit welchen
Leichtbaumaterialien sich die Spanplatte bei A-Bauteilen im Küchenunterschrank
auf Basis vorhandener Technologien und Verbindungstechniken substituieren
lässt. Die Ergebnisse präsentiert er in Form von zehn konkreten Korpussen,
denen jeweils das verwendete Plattenmaterial zum Anfassen, Hineinschauen und
Begutachten der Verbindungstechnik beiliegt. Tafeln erklären, wie die
Umsetzung erfolgte und welche Gewichtsersparnis und Biegefestigkeit sich im
Vergleich zur Spanplatte erzielen lassen. Auf der Außenseite des Standes
demonstrieren Designer ihre avantgardistischen, zukunftsweisenden Leichtbau-Möbelentwürfe.
Die Sonderpräsentation der Interessengemeinschaft
Leichtbau zur „Interzum“ soll helfen, sich Zukunft im Möbel- und Innenausbau
vorzustellen. Mit der Präsentation bereits realisierter Ideen will sie Impulse
setzen und Anstoß zum Nachdenken und Diskutieren geben. Für Professor Martin
Stosch, Gründungsmitglied des igeL und Leiter des Labors für industriellen Möbelbau,
Konstruktion und Entwicklung an der Hochschule OWL, Lemgo, ist das der Weg,
den der Leichtbau gehen muss, um über Ideen, die zunächst absurd erscheinen, zu
Innovationen anzuregen: „Nirgends steht festgeschrieben, dass raumhohe
Schiebetüren samt Spiegel immer gleich 80 Kilogramm wiegen müssen, der 800
Millimeter breite Einlegeboden eines Regals zwangsläufig unter dem Gewicht
der Bücher durchhängt wie eine Obstschale oder ein Wohnmobil von jüngeren Zeitgenossen
nach geltender EU-Regelung nur noch mit einem LKW-Führerschein gefahren werden
darf“, erklärt Stosch. Viel mehr gelte es, alte Paradigmen durch ein neues
zukunftsoffenes Denken auszutauschen sowie alte monolithische
Schwerbauwerkstoffe und entsprechende Verarbeitungstechniken durch leichte
Hightechwerkstoffe und moderne Fertigungs- und Fügeverfahren zu ersetzen.
Zur „Interzum“-Sonderpräsentation erscheint ein
28-seitiges Booklet, das die Intentionen der Interessengemeinschaft Leichtbau
erläutert und weitere Projektpartner vorstellt. Dazu gehören die Hochschule
OWL, Lemgo, und die den markanten Leichtbaupilz konstruierende Firma
„lightweight solutions“ sowie die Koelnmesse, die auch mit Blick auf die im
Februar 2018 in Bad Salzuflen wiederbelebte „ZOW“ das Thema weiter vertiefen
will.